In Jüchen gibt es seit diesem Schuljahr neben dem Gymnasium eine Gesamtschule. Beide Schulen bieten das Abitur als Abschluss an: Die Gesamtschule nach neun Jahren und das Gymnasium mit verkürzter Schulzeit nach bereits acht Jahren. Durch eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Schulen kann der Wechsel zwischen den beiden Schulformen auch während der Schulzeit erleichtert werden. So können bereits heute die Schülerinnen und Schüler in Jüchen zwischen einem zwölfjährigen und einem dreizehnjährigen Weg zum Abitur wählen.
Nun fordert die Elterninitiative „G9-jetzt! in NRW“ dass Eltern und Kindern die Wahlfreiheit gegeben wird, an einem Gymnasium in ihrer Nähe das Abitur nach Klasse 13 ohne Pflicht zum Nachmittagsunterricht zu erreichen. Im vorgeschlagenen Gesetzentwurf sollen aber alle Gymnasien zu G9-Schulen werden. So wird keine Wahlfreihet geschaffen. Daher ist das Volksbegehren abzulehnen!
Ein weitergehender Vorschlag für die Weiterentwicklung des Gymnasiums ist, dass an dieser Schulform in zwei Zweigen je nach Wahl und Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler das Abitur nach der zwölften oder der 13. Klasse ermöglicht wird. So könnten die Vorteile beider Modelle an Gymnasien zugleich realisiert werden. Dieser Weg wird auch von Schulministerin Löhrmann vorgeschlagen.
Andere Vorschläge zur Schulentwicklung würden das Ziel des G9-Volksbegerhrens hingegen nicht umsetzen:
1. Die komplette Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium würde die im Volksbegehren geforderte Wahlfreiheit zwischen dem G9-Gymnasium ohne Nachmittagsunterricht und dem G8-Gymnasium mit Nachmittagsunterricht verhindern.
2. Der Einschub eines fakultativen Schuljahrs zu Beginn der Oberstufe würde die Reduktion der Wochenstunden auf unter 30 Unterrichtsstunden, die ebenfalls vom Volksbegehren gefordert wird, verhindern.
Die Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 ist eine echte Möglichkeit, um das Ziel des Volksbegehrens umzusetzen:
Ein Gymnasium, das das Abitur zugleich nach zwölf und nach dreizehn Schuljahren anbietet, schafft echte Wahlfreiheit. Ein Gymnasium, dass diese Wahl bereits nach der Erprobungsstufe (Klassen 5 und 6) zulässt, ermöglicht die Verteilung der Jahreswochenstunden auf alle Schuljahre. Nur so hätten die Schülerinnen und Schüler des G9-Zweiges tatsächlich die geforderten sechs Stunden Unterricht am Tag.
Dieser Vorschlag ist ambitioniert aber realisierbar:
1. Bereits im abgeschafften neunjährigen Gymnasium wurden Möglichkeiten eröffnet, das Abitur nach acht Jahren zu absolvieren, indem die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler ein Schuljahr übersprangen. G9 und Schulzeitverkürzung waren und sind also parallel an einem Gymnasium möglich.
2. Die Organisation von zwei Bildungswegen an Gymnasien ist eine Herausforderung an die Schulverwaltung, die bewältigt werden kann. An Gesamtschulen werden bereits jetzt unterschiedliche Bildungsgänge nebeneinander angeboten. Warum sollen individuelle Bildungswege, die sich an den Bedürfnissen sowie Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler orientieren nicht auch an Gymnasien möglich sein?
Holger Witting
SPD-Fraktionsvorsitzender