Mit dem Reinigen der in Jüchen verlegten Stolpersteine haben die fünf im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien ein Zeichen gegen das Vergessen gesetzt. CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und FWG waren am 9. November in einer gemeinsamen Aktion auf den Jüchener Straßen unterwegs, um die Steine wieder zum Glänzen zu bringen, die in Erinnerung an während der Nazizeit verfolgte, vertriebene und ermordete Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens verlegt worden sind. Die Parteien wollen es nicht bei diesem einmaligen Engagement belassen, sondern die Stolpersteine in Zukunft zumindest einmal jährlich am Gedenktag der Pogromnacht 1938 reinigen.
Mehr als 60 Steine an über 20 Standorten sorgen in Jüchen mittlerweile dafür, dass die Namen der früheren Bewohnerinnen und Bewohner jüdischen Glaubens im Gedächtnis bleiben. Maßgeblich initiiert wurde die Verlegung der Stolpersteine durch eine Projektarbeit der früheren Realschule Jüchen. Sie sorgte 2013 dafür, dass der Künstler Gunter Demnig die ersten Standorte mit den kleinen Messingplatten versah. Unterstützt wurde er dabei vom städtischen Bauhof.
Für die Vertreter der fünf demokratischen Ratsparteien war es deshalb ein großer Gewinn, dass Initiatoren des damaligen Projekts ihnen bei der Vorbereitung der Reinigungsaktion mit Rat und Tat zur Seite standen. Eine vollständige Liste der noch zu putzenden Steine konnten sie ebenso beisteuern wie Tipps für die besten Reinigungsmittel.
Nach gemeinsamen Überlegungen, wer sich um welche Steine kümmert, zogen die Mitglieder der Parteien am geschichtsträchtigen 9. November los, um mit Hingabe und Muskelkraft die Stolpersteine von Schmutz und Patina zu befreien. Bereits am Nachmittag war klar, dass nunmehr sämtliche Steine auf den Jüchener Straßen neuen Glanz erhalten hatten. Schließlich mussten sich die Parteienvertreter nicht einmal um alle Standorte kümmern: Mehrere Steine werden bereits seit geraumer Zeit von Anwohnern oder Nachkommen der Opfer gepflegt – und in Hochneukirch fand sich kurzfristig mithilfe der sozialen Medien eine Gruppe zusammen, die die Reinigung der Steine auf der Hochstraße übernahm.
Ob bürgerschaftliches Engagement oder Initiative der Parteien: Die an der Reinigung Beteiligten eint der Wunsch, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen – und ein Statement gegen Antisemitismus, Gewalt und Rechtsradikalismus, das 85 Jahre nach der Pogromnacht 1938 aktueller erscheint denn je.
Damit die Erinnerung nachhaltig bleibt, haben die fünf Parteien beschlossen, in Zukunft mindestens einmal im Jahr am 9. November die Stolpersteine in Jüchen zu reinigen – selbstverständlich gern gemeinsam mit engagierten Jüchenerinnen und Jüchenern ohne Parteizugehörigkeit.