Die Veranstaltung des SPD-Gemeindeverbands Jüchen unter dem Thema „Unsere Kommunen in Europa: stark und sozial“ am Mittwoch, 3. Juni 09, eröffnete Bürgermeisterkandidat Hans-Josef Schneider. Mit humorigen Beispielen grenzte er die vergleichsweise kleine Aufgabe, die er sich als Bürgermeister für Jüchen vorgenommen hat, gegen die große Politik im Europa der 27 Staaten ab. Der Bürger interessiere sich nur für die Probleme vor Ort, sagte Schneider. Wie jener Traktorfahrer, der vor ihm durch die zugeparkte Straße bugsierte. Plötzlich stoppte er, stieg herunter und sprach ihn an: „Wenn Sie Bürgermeister sind, müssen Sie hier ein Parkverbot einrichten.“ Sprach`s, stieg auf seinen Bock und fuhr davon. Dennoch sei der Einfluss Europas, so Schneider, in vielen national umgesetzten Verordnungen, in Ausschreibungsverfahren und gewerblichen Entwicklungen in seiner täglichen kommunalpolitischen Arbeit unübersehbar. Um so mehr komme es auf gleiche rechtliche und soziale Rahmenbedingungen in der europäischen Nachbarschaft an.
Petra Kammerevert, Europakandidatin der SPD am Niederrhein, setzte sich für eine Entwicklung der EU zur europäischen Sozialunion ein. Bei der Wahl am Sonntag gehe es um die politische Richtung in Europa. Die vorherrschende neoliberale Einstellung in der EU-Kommission und im Parlament müsse abgelöst werden. Der Lissabon Vertrag stärkt die Rechte und Einflussmöglichkeiten des Europäischen Parlaments ebenso wie das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Angesichts der gegenwärtigen Krise gehe es darum, den Vorrang sozialer Grundrechte gegen die Deregulierung im europäischen Binnenmarkt und gegen ein marktradikales Europa zu behaupten. Eine unabhängige Rating-Agentur, eine Art „Stiftung Banken-Test“, müsse die schädliche Interessenverfilzung im Finanzsektor beenden. Arbeitnehmerrechte müssten gestärkt werden, Mitbestimmung und Mindestlöhne europaweit ausgebaut werden, um ein Lohn- und Sozialdumping zu unterbinden. Es gehe nicht um Vereinheitlichung; die bunte europäische Vielfalt in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht sei für sich ein großer Wert. Aber die gemeinsamen grundlegenden Standards im Arbeitsmarkt und in der Daseinsvorsorge, in der Umweltpolitik und in einer gerechten Wirtschaftsordnung sichern auch in Zukunft den Frieden und die soziale Stabilität in der großen Europäischen Gemeinde.
SPD-Landratskandidat Rainer Thiel schlug den Bogen zurück in den Rhein-Kreis Neuss. Er wies auf die innere Zerrüttung der CDU in vielen Stadträten hin als Folge von allzu langen, selbstherrlich ausgeübten Mehrheiten, so in Neuss, Grevenbroich und Jüchen. Auch der Kreis sei davon nicht verschont worden. Viele Initiativen im Sozialbereich und in der gesellschaftlichen Entwicklung seien dabei auf der Strecke geblieben. Über die nachteiligen Folgen beklagten sich alle, winkten aber ab, wenn sie zum politischen Eingreifen aufgefordert wurden: „Die machen doch alle, was sie wollen.“ Lobend beschrieb er das von Sozialdemokraten entwickelte „Dormagener Modell“. Alle sozialen Institutionen, Kita, Schulen, Sozial- und Jugendarbeit, wirken im Verbund und mit direkten persönlichen Kontakten an der Lösung sozialer Probleme zusammen. Das geht weit über ein bloßes Angebot hinaus, das nur hingestellt wird, ohne seine Akzeptanz und Umsetzung zu verfolgen. Der sichtliche Erfolg gibt den Akteuren Recht. An diesem Beispiel sei zu erkennen: Es ist eben nicht gleichgültig, wer regiert. Die besseren Ideen, die tatkräftigeren Personen, die geeigneteren Maßnahmen und die richtigen Ziele stehen in jeder Wahl an. Von der Kommune über Kreis, Land, und Bund bis nach Europa. icht mitgerechnet werden. Die beschlossenen Maßnahmen werden von der Kommune veranlasst und dem Land zur Abrechnung vorgelegt. Dazu ist Eile geboten.
Holger Tesmann