Neujahrsempfang der Jüchener SPD in der Aula der GTHS Hochneukirch

Der SPD Ortsverein Hochneukirch gestaltete am Sonntag Vormittag für die Jüchener Sozialdemokraten den Neujahrsempfang zum Thema „Raus aus der Verschuldungskrise – Konjunkturpaket II“. Vorsitzender Reiner Lange konnte unter den etwa 40 Zuhörern mit dem Haupt-Referenten, Dr. Fritz Behrens MdL (vormaliger Innenminister NRW), auch den Bundestagsabgeordneten Bernd Scheelen, die Bürgermeisterin Margarete Kranz und ihre drei Stellvertreter von CDU und SPD sowie den Bewerber um ihre Nachfolge im Bürgermeisteramt, Hans-Josef Schneider, begrüßen.

v.l.n.r. Bernd Scheelen MdB, Hans-Josef Schneider, Margarete Kranz, Dr. Fritz Behrens MdL (Foto: Christian Daams)

v.l.n.r. Bernd Scheelen MdB, Hans-Josef Schneider,
Margarete Kranz, Dr. Fritz Behrens MdL
(Foto: Christian Daams)

Hans-Josef Schneider eröffnete die Vorträge. Bisherige Gespräche mit Bürgern haben ihm gezeigt, dass das schwierige Thema „Verschuldung“ nur wenige interessiert. Dennoch sei es der Ausgangspunkt für alle Kommunalpolitik. Bei langfristig sinkender Bevölkerungszahl werden die Menschen dorthin ziehen und bleiben, wo sie Arbeitsplätze und Lebensqualität finden. Der Wettbewerb der Kommunen untereinander wird daher auf dem Gebiet der Stadtentwicklung im umfassenden Sinne ausgetragen. Die bisherigen Einzelinitiativen müssen durch langfristige Konzeptionen für die drei Siedlungszentren abgelöst werden. Darin sind Synergien sozialer und gewerblicher Interessen zu entwickeln, die für die Ortslagen den nachhaltigen Bestand sichern und ihren Wert steigern. Genau dies sei auch ein Ziel des Konjunkturpakets II.

Schneider empfahl allen Fraktionen im Rat das Referat, das der Düsseldorfer Architekt und Stadtplaner, Hans-Jörg Thelen, auf der SPD-Haushaltsklausur gehalten hatte und das eine kritische Bestandsaufnahme mit Entwicklungsmöglichkeiten der Siedlungszentren verband. Schneider nannte u.a. die Marktplätze in Jüchen und Hochneukirch, denen jede Aufenthaltsqualität fehle. Ein Gewerbetreibender am Konrad-Adenauerplatz habe ihm gesagt, dass es schon in 10 Jahren dort bitter aussähe, wenn nichts geschähe. Hochneukirch dürfe nicht zum Stiefkind der Entwicklung werden.

Das greife auch der SPD-Antrag im Hauptausschuss auf, mit einer Pilotstudie zum Konrad-Adenauer-Platz einen Einstieg zu markieren und die Grundlagen einer langfristigen Stadtentwicklung der Siedlungszentren zu schaffen. Der Bürgerbeteiligung komme dabei eine außerordentliche Bedeutung zu, denn in der Suche nach der richtigen Lösung müsse auch ein neuer Geist in der Bürgerschaft entstehen und sich eine neue politische Kultur in der Gemeinde entwickeln.

Dr. Fritz Behrens nahm seinen Ausgangspunkt von der Landespolitik aus, die sich entgegen dem angekündigten Regierungsprogramm statt einer Entschuldung immer wieder auf Kosten der Kommunen entlastet habe. Inzwischen sind mehrere Klagen gegen diese Politik vom Verfassungsgericht Münster zu Gunsten der Kommunen entschieden worden. Auch der Klage gegen die Vorverlegung der Kommunalwahl aus parteitaktischen Gründen werde wohl stattgegeben und er sehe voraus, dass weitere anhängige Klagen zur Finanzierung etwa im Bereich der Umwelt und der Versorgungsverwaltung ebenfalls erfolgreich sein werden.

Der Kern seiner Ausführungen lag in einer Kritik des neoliberalen Credo´s („Privat vor Staat“, „Mehr Markt, weniger Staat“ etc.), das in seiner Grenzenlosigkeit („Turbokapitalismus“) die wesentliche ideologische Grundlage für den desaströsen Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems mit schweren Folgen für die Wirtschaft darstellt. „Nicht der starke Staat, nein, der handlungsunfähige Staat ist die große Gefahr im 21. Jahrhundert“, in dem alle Lebensbereiche ökonomisiert werden. Der handlungsfähige Staat aber ist die Basis einer solidarischen Bürgergesellschaft, die Chancengleichheit und Lebensqualität für alle Menschen bereitstellt. Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.

Die Landesregierung hat die Vorschläge der SPD zu einem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ und zu einem 2,8-Mrd-Konjunkturprogramm des Landes im Landtag ohne Diskussion rundheraus abgelehnt. Das Konjunkturpaket des Bundes mit seinen 13,3 Mrd. Euro kann den sich abzeichnenden Abschwung der Wirtschaft nicht aufhalten, nur dämpfen. Die Hilfe für die Kommunen wird im vorgegebenen Rahmen von Bildungs- und Infrastrukturmaßnahmen pauschal gewährt, d.h. die Entscheidung über die Maßnahmen liegt bei den Kommunen. Die Mittel sollen schnell, zusätzlich zum vorgesehenen Haushalt und mit nachhaltigem Zweck (Schul- und Betreuungseinrichtungen, Energieeffizienz, Kommunikationstechnik) eingesetzt werden. Dabei müssen die Kriterien für das, was „zusätzlich“ heißt, noch schärfer gefasst werden, um die Möglichkeit einer späteren Rückforderung des Landes auszuschließen. Die etwa 2,3 Mio €, die auf Jüchen entfallen, können die Verschuldungsprobleme der Gemeindenatürlich nicht lösen. Es bleibt daher darüber hinaus die Notwendigkeit, die Struktur der Finanzbeziehung zwischen Land und Kommunen nach den Erfordernissen der Situation zu ändern.

Die anschließende Diskussion konzentrierte sich bald auf Fragen der Durchführung im Konjunkturpaket II der Bundesregierung. Bernd Scheelen, der als kommunalpolitischer Sprecher der SPD Bundestagsfraktion maßgeblich an der Erarbeitung des kommunalen Konjunkturprogramms mitgewirkt hat, unterstrich in der Antwort auf einen Beitrag von Bürgermeisterin Kranz: Es ist die Absicht des Gesetzgebers, schnell und unbürokratisch zu handeln, um eine unmittelbare Wirkung zu entfalten. Nach der Föderalismusreform, die dem Bund nur noch geringe Eingriffsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene (etwa im Bereich der Energie) ließ, ist das Kriterium „Nachhaltigkeit“ einer Maßnahme für den Bund entscheidend. Für die Zuteilung wird eine Durchschnittsinvestitionsquote der letzten Jahre bei jeder Kommune zugrunde gelegt. Dabei werde er sich dafür einsetzen, dass die Investitionen der Umsiedlung in Jüchen als Ausnahmesituation nicht mitgerechnet werden. Die beschlossenen Maßnahmen werden von der Kommune veranlasst und dem Land zur Abrechnung vorgelegt. Dazu ist Eile geboten.

Holger Tesmann

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