Chance für Jüchen: Die Gemeinschaftsschule

Zur gegenwärtigen Lage

Die Gemeinde Jüchen bietet ihren ca. 22 500 Einwohnern mit fünf Grundschulen, einer Ganztagshauptschule, einer Realschule und einem Gymnasium eine ausgezeichnete ortsnahe Bildungsstruktur. Alle Schulen sind in baulich gutem Zustand und bestens ausgestattet. Diese Situation soll für alle jungen Menschen in der Gemeinde auch in Zukunft erhalten bleiben.

Allerdings beeinflussen zwei bundesweit wirkende Trends die derzeitige Situation tiefgreifend und müssen durch geeignete Maßnahmen aufgefangen werden:

  1. Der Wunsch der Eltern nach „höheren“ Bildungsabschlüssen, um für ihre Kinder die beste Grundlage einer beruflichen Entwicklung zu sichern, nimmt immer mehr zu. Mehr als 50% der Jüchener Grundschüler wechselten in den vergangenen Jahren zum Gymnasium. Immer weniger Eltern fragen für ihre Kinder die Hauptschule als weiterführende Schulform nach. Dieser Trend wird sich noch verstärken, nachdem in NRW die Empfehlungen der Grundschulen für den Besuch einer weiterführenden Schule nicht mehr verbindlich sind. Letztlich entscheiden die Eltern wieder selbst, welche weiterführende Schule ihr Kind besuchen soll.
  2. Der Schulentwicklungsplan der Gemeinde spiegelt den bundesweiten Rückgang der Schülerzahlen wider. Bis 2025 wird es in Jüchen fast 20 Prozent weniger Grundschulabgänger geben. Der Wettbewerbsdruck zwischen den Schulformen wird zunehmen. Langfristig könnte auch die Existenz der Realschule gefährdet sein.
GTHS Hochneukirch

GTHS Hochneukirch

Jüchen steht in diesem Jahr vor einer Entscheidung. An der Hauptschule in Hochneukirch wurden für das kommende Schuljahr (2011/12) nur noch 15 Schülerinnen und Schüler angemeldet. Um eine neue Eingangsklasse bilden zu können, wären aber mindestens 18 Schüler erforderlich gewesen. Da der Schulentwicklungsplan für die nächsten Jahre keine günstigere Prognose ausweist, muss die Schule aufgrund der gesetzlichen Vorgaben aufgelöst werden. Ihre noch existierenden Klassen laufen bis 2015/2016 aus.

Zur Entstehung der Gemeinschaftsschule

Das Konzept der Gemeinschaftsschule wurde 2004 an der Universität Dortmund im Auftrag der CDU/SPD-Landesregierung Schleswig-Holstein entwickelt. Es ist 2007 ins Schulgesetz als Regelschule übernommen worden und hat seither zur Entstehung von mehr als 120 erfolgreich arbeitenden Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein geführt.

2010 wurde in NRW von der neuen Landesregierung das Programm „Längeres gemeinsames Lernen – die Gemeinschaftsschule“ in einem Schulversuch (nach §25 Schulgesetz NRW) ins Werk gesetzt. 50 Schulen können daran teilnehmen. Bisher wurden 17 Anträge zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule im Schulversuch genehmigt. Davon sind elf Anträge von CDU-dominierten Kommunen gestellt worden. 14 Gemeinschaftsschulen nehmen bereits 2011/2012 in NRW ihre Tätigkeit auf.

Was ist eine Gemeinschaftsschule?

Die Gemeinschaftsschule ist eine Antwort auf den gesellschaftlichen Wandel (Schülerzahlen, Bildungs- anforderungen, Pädagogik). Sie ist sehr anpassungsfähig an die örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse. Ihre Leitideen sind schlagwortartig:

Schulzentrum Jüchen

Schulzentrum Jüchen

  • Sie ist eine Schule der Sekundarstufe I mit eigener Oberstufe oder begründet eine Kooperation mit einer bestehenden gymnasialen Oberstufe (hier: Gymnasium Jüchen).
  • Sie ermöglicht alle Abschlüsse durch eine flexible Gestaltung ihres Bildungsweges: Hauptabschluss, Mittlerer Abschluss oder Übergang in die gymnasiale Oberstufe bis zum Abitur (G9).
  • Sie wird in der Regel als Ganztagsschule geführt.
  • Sie berücksichtigt den Wunsch vieler Eltern nach längerem gemeinsamen Lernen über die Grundschulzeit hinaus (5. und 6. Klasse.
  • Sie entscheidet gemeinsam mit allen Beteiligten über Differenzierungsvarianten des Unterrichts ab Klasse 7 (integrativ oder kooperativ.
  • Sie lehrt eine zweite Fremdsprache für alle ab Klasse 6.
  • Sie hat eine Mindestklassengröße von 23 und den Klassenhöchstwert von 25 (integrativ) bis 29 (kooperativ) Schülerinnen und Schülern.
  • Sie fördert junge Menschen mit unterschiedlichen Biographien und Begabungen individuell und bezieht behinderte darin ein (Inklusion).
  • Sie erhält zur Erfüllung der gesteigerten pädagogischen Anforderungen einen höheren Lehrerstellenzuschlag.
  • Sie orientiert sich an den Lehrplänen aller Schulformen und berücksichtigt gymnasiale Standards.
  • Sie ist mindestens dreizügig (Mindestschülerzahl 69) bei einer Gewährleistung der Mindestgröße für 5 Jahre

Für jede Gemeinschaftsschule muss ein pädagogisches Konzept erstellt werden, dass die lokalen Bedingungen, Erfordernisse und Ziele formuliert. Lehrerschaft, Elternschaft und Schulträger wirken zusammen. Beispiele, die für die Situation in Jüchen vorbildlich sein können, findet man unter:
Ludgerusschule
Realschule Rheinberg

Weitergehende Informationen zum Thema „Gemeinschaftsschule“ können kostenlos abgefordert werden bei:

Verband Bildung und Erziehung VBE NRW e.V.
„Denkanstöße: Die Gemeinschaftsschule – Fakten statt Mythen“
SPD-Landtagsfraktion
„Die Gemeinschaftsschule – Zehn Fragen und Antworten rund um die neue Schulform“

Aktuelles Vorgehen

Für Jüchen bietet die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule durch die Zusammenführung von Ganztagshauptschule und Realschule die einzige Chance, die vorhandenen Schulstandorte zu erhalten und allen jungen Menschen eine angemessene Schulbildung vor Ort zu gewährleisten. Im Schulausschuss und im Rat der Gemeinde Jüchen sind einstimmige Beschlüsse gefasst worden, in den Schulversuch des Landes NRW zum Schuljahr 2012/2013 aufgenommen zu werden. Hierzu wird derzeit unter Beteiligung der drei weiterführenden Schulen (die Federführung liegt bei der Realschule) und mit unterstützender Moderation durch die Bezirksregierung das erforderliche pädagogische Konzept erarbeitet.

Das Gymnasium Jüchen bleibt in seinem Bildungsweg zum Abitur (G8) so, wie es ist. Es wird als kooperierender Partner der Gemeinschaftsschule die gymnasialen Standards gewährleisten. Es wird die aus der Gemeinschaftsschule kommenden Schülerinnen und Schüler, die in die Oberstufe übergehen können, aufnehmen und bis zum Abitur (G9) betreuen. Diese Kooperation verlangt eine erhöhte Mitverantwortung und Mitwirkung des Gymnasiums im Bildungsbereich der Gemeinde.

Das Konzept soll bereits im Juli 2011 im Schul- und Jugendausschuss beraten und dem Rat vorgelegt werden. Noch vor den Sommerferien sollen auch die Eltern der zukünftigen Dritt- und Viertklässler in den Grundschulen informiert werden, so dass Mitte September eine Elternbefragung durchgeführt werden kann. Sie ist eine weitere Voraussetzung des Genehmigungsverfahrens. Nur wenn mindestens 69 Eltern sich für die Anmeldung ihrer Kinder an die Gemeinschaftsschule entscheiden, kann fristgerecht im Herbst der Antrag auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule bei der Bezirksregierung in Düsseldorf gestellt werden. Ein Bescheid der Bezirksregierung wird nach Prüfung der Unterlagen im Januar 2012 erwartet.

Die SPD Jüchen sieht in der Gemeinschaftsschule eine sinnvolle Alternative zum bisherigen dreigliedrigen Schulsystem in Jüchen. Information und Verständigung über die Inhalte zwischen Lehrerschaft, Elternschaft und Gemeindegremien sind nun die unabdingbare Grundlage dafür, dass die zukünftige zweigliedrige Schulform lebensfähig und erfolgreich gestaltet werden kann. Es gibt keinen Grund, darin Auflösungstendenzen für das Gymnasium zu befürchten. Der allgemeine Trend weist das Gegenteil aus. Gerade in ländlichen Gemeinden wie Jüchen, in denen die Eltern nicht zwischen mehreren Gymnasien wählen können, ist das Gymnasium als Kooperationspartner der Gemeinschaftsschule ein Garant für ein optimales ortsnahes Schulangebot. Daran halten wir fest und sichern allen Skeptikern unsere volle Unterstützung auch weiterhin bei der Fortentwicklung unseres Gymnasium zu.

Arbeitsgruppe „Schule und Jugend“ der SPD-Ratsfraktion:
Joachim Drossert, Frank Bäumer, Hanno Gischler, Sabrina Koch, Reiner Lange, Holger Tesmann

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